ROLAND VONTOBEL Text // WERNER MEIER Illustration
Nach dem langen und intensiven Winter mangelt es unserem Körper an Vitamin C und Mineralstoffen aus frischem Grünzeug und Früchten. Dies äussert sich in Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Freudlosigkeit. Mein Vorgänger und Lehrmeister, Alfred Sigrist, schrieb in einem seiner Bücher über wildwachsende Nahrung folgendes: «Verlassen wir die Wege der hastigen, verflachenden Alltäglichkeit und lenken wir unsere Schritte feldeinwärts auf den Pfad der Naturstille und Einsamkeit. Wir wollen die ersten Frühlingssalate näher kennenlernen. Das Erwachen von Feld und Flur, das junge Spriessen ringsum, die ersten zaghaft hervorbrechenden Kräuter und Blumen, der zarte Frühlingsduft wirken auf uns wie ein Zauber.»
Als einer der ersten Frühlingsboten wächst in Hecken und in Laubwäldern an feuchten Stellen das Scharbockskraut. Wie sein Name sagt, half es früher gegen Skorbut, welches durch Vitamin-C-Mangel ausgelöst wurde. Die weichen, glänzenden Blätter eignen sich hervorragend zur Anreicherung von Salaten. In dieser Zeit spriesst auch überall in den kleinen Bächen der Bachbungen – Ehrenpreis. Zu erkennen ist er an den glänzenden Blättern und den feinen blauen Blüten. Auch dieses Wildgemüse schmeckt ausgezeichnet, ist reich an Vitamin C und leber-und blutreinigenden
Wirkstoffen. Halten wir die Augen offen, begegnen uns an der gleichen Stelle auch die scharfe Brunnenkresse und das ähnlich schmeckende bittere Wiesenschaumkraut. Beide Wildgemüse enthalten Senfölglykoside, welche den scharfen Geschmack bilden und hochwirksam gegen Infektionen durch Bakterien und Viren sind. Wandern wir weiter finden wir in lichten Wäldern und am Waldrand den ersten Löwenzahn. Diesen nutzen wir ebenfalls als Bereicherung des Salats. Aus den Wurzeln können Sie Tee machen oder diese wie Karotten dünsten und dem Gemüse beigeben. Und zum Schluss noch ein Tipp von Alfred Sigrist: «Kommen zum täglichen Genuss der frischen Frühlingskräuter noch die notwendigen Bewegungen im Freien dazu, sind bald alle Gifte und Krankheitsstoffe in unserem Körper in Acht und Bann geschlagen. Man fühlt sich verjüngt, und Müdigkeit und Unlustgefühle weichen und machen neuem Lebensmut Platz.»