Piop­pi Diät

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ROLAND VONTOBEL Text // WERNER MEIER Illustration

Für die Som­mer­fe­ri­en nahm ich mir eini­ge Bücher aus mei­ner Biblio­thek mit. Beson­ders span­nend und lehr­reich fand ich das Buch mit dem Titel «Die Piop­pi-Diät». Piop­pi ist der Name einer ita­lie­ni­schen Ort­schaft rund 200 Kilo­me­ter unter­halb von Nea­pel. Von die­sem Ort heisst es, dass die Ein­woh­ner ver­ges­sen haben zu ster­ben. Tat­säch­lich leben dort vie­le betag­te, rüsti­ge und gesun­de Men­schen in ein­fa­chen Ver­hält­nis­sen zusam­men. Sie bewe­gen sich viel, arbei­ten im eige­nen Gar­ten und essen das selbst ange­bau­te Gemü­se oder fri­sche Fische aus dem nahen Meer. Piop­pi ist ein 200-See­len-Dorf ohne Ein­kaufs­zen­trum und ohne Indu­strie. Die Men­schen ken­nen sich und sit­zen nach geta­ner Arbeit viel zusam­men – zum Reden und Spie­len und für ein Glas Wein in gemüt­li­cher Runde.

Alters­for­scher inter­es­sier­ten sich für die Lebens­wei­se der Men­schen in die­sem ita­lie­ni­schen Küsten­dorf. Sie woll­ten her­aus­fin­den, wor­auf das Geheim­nis ihrer Gesund­heit und Vita­li­tät beruht. Die Lösung ist über­ra­schend ein­fach, aber für uns «getrie­be­ne» Men­schen trotz­dem schwer umzu­set­zen. Die Ein­woh­ner von Piop­pi bewe­gen sich täg­lich meh­re­re Stun­den in Feld und Gar­ten. Sie kochen und essen die selbst ange­bau­ten und selbst geern­te­ten Lebens­mit­tel. Dabei fällt auf, dass rund ein Drit­tel der Lebens­mit­tel­men­ge aus Fisch, Fleisch, Eier und Käse besteht, dazu kon­su­mie­ren sie täg­lich zir­ka vier Ess­löf­fel eige­nes, kalt­ge­press­tes Oli­ven­öl und je fünf Baum­nüs­se, Man­deln und Hasel­nüs­se. Der zwei­te Drit­tel des Menü­plans besteht aus Gemü­se und Salat und der drit­te aus Bei­la­gen. Sie ver­zich­ten weit­ge­hend auf
Koh­len­hy­dra­te wie Brot, Pasta, Piz­za und Kuchen. Als Süs­sig­kei­ten wer­den Bee­ren und Früch­te ver­zerrt. Eben­falls wird regel­mäs­sig ein Glas Rot­wein getrun­ken. Nach dem Mit­tag­essen zie­hen sie sich für eine klei­ne Sie­sta zurück. Das Leben der Men­schen von Piop­pi ist weit­ge­hend stress­frei: Sie sit­zen oft zusam­men, pfle­gen den sozia­len Aus­tausch und sind mit ihrem ein­fa­chen Leben zufrie­den. Über­ge­wicht, Herz-Kreis­lauf­erkran­kun­gen, Krebs und ande­re «moder­ne» Krank­hei­ten tre­ten sehr sel­ten auf. Viel­leicht kön­nen wir, um selbst gesund alt zu wer­den, eini­ge die­ser Weis­hei­ten in unser Leben übertragen.